Was bringt uns die Mindestausbildungsvergütung?

Seit dem 01.01.2020 ist das neue Berufsbildungsgesetz (BBiG) in Kraft getreten. Eine der meist beachteten Neuerungen ist die sogenannte Mindestausbildungsvergütung; diese soll laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) die Ausbildung attraktiver machen. Dadurch bekommen seit August 2020 alle Azubis mindestens 515 Euro im ersten Ausbildungsjahr. Danach soll das Gehalt im zweiten Ausbildungsjahr um 18%, im dritten Jahr der Ausbildung um 35% und im vierten Jahr um 40% steigen. Ausgangswert ist der Betrag aus dem ersten Ausbildungsjahr.

Beispiel: Auf 515 Euro im ersten Ausbildungsjahr kommt eine Steigerung von 18%, womit sich für das zweite Ausbildungsjahr ein Gehalt von 607 Euro ergibt. Im dritten Ausbildungsjahr wären das bei der gesetzlich vorgesehen Steigerung von 35% dann 695 Euro und im vierten Ausbildungsjahr bei 40% 721 Euro.

Bis zum Jahr 2023 soll die Mindestausbildungsvergütung im ersten Ausbildungsjahr auf 620€ steigen.

Ein guter erster Schritt – weitere sind dringend nötig!

Generell ist es gut, dass diese Regelungen für sämtliche inner- und außerbetrieblichen Ausbildungsberufe gelten. Weiterhin positiv ist, dass nun alle Azubis mit einem Gehalt rechnen können, das potenziell unabhängig der Branche und der aktuellen Tarifverhandlungen besteht.

Dennoch sind wir von einer Gleichstellung von Ausbildung und Studium weit entfernt: Studierende bekommen von Beginn an für eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden bei einem Bafög-Höchstsatz 861 Euro. Azubis erreichen diesen Wert nicht einmal nach einer vierjährigen Ausbildung. Des Weiteren verfügen Personen mit Bachelorabschluss über ein höheres Einstiegsgehalt als nicht-akademische Berufseinsteiger*innen. Sicherlich gibt es auch Ausnahmen mit höheren und niedrigeren Gehältern,dennoch spielen insgesamt die Ausbildungsberufe immer noch eine zweitrangige Rolle.

Außerdem sind im Gesetz keine wirklichen Novellierungen aufgrund von Inflation und den damit verbundenen steigenden Lebenshaltungskosten enthalten. Dabei explodieren momentan die Preise für Wohnraum in den Städten und Kommunen. Wie sollen Azubis mit einer Mindestvergütung leben, wenn der Mietspiegel vielerorts bei 15 Euro pro m² liegt? Wie sollen sich Azubis gesund ernähren? Wie sollen sie sich kulturell entfalten?

Die Vergütung hängt weiterhin zu stark von der Branche ab!

Ein weiteres Problem ist die Spaltung zwischen Azubis, welche nur die gesetzliche Mindestvergütung erhalten und denjenigen, welche in der Industrie oder in der Gesundheitsbranche ihre Ausbildung machen. Denn aktuell erhalten Azubis im Gesundheitswesen und in der Industrie die höchsten Gehälter. Zum einen aufgrund erfolgreicher gewerkschaftlicher Tarifverhandlungen und zum anderen, um das bestehende Personaldefizit in der Gesundheitsbranche auszugleichen.

Hier müssen wir dringend zusammen mit den Gewerkschaften daran arbeiten, dieses Ungleichgewicht zwischen den Ausbildungsberufen auszugleichen. Unser Ziel ist es, dass alle Ausbildungen auf einem hohen Niveau vergütet werden! Vielleicht wäre es in Zukunft sogar eine Überlegung wert, unter dem Aspekt der Gleichberechtigung alle Ausbildungsberufe gleich zu bezahlen.

Das BBiG hat einen entscheidenden Schritt im Prozess hin zu mehr Gleichberechtigung zwischen den Ausbildungsberufen angeschoben. Dennoch ist eine Gleichstellung zwischen Ausbildung und Studium immer noch in weiter Ferne. Deshalb sollten zukünftig weitere Gesetzesnovellen folgen. Dafür werden wir uns als Jusos Bremen einsetzen!

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